Die Stimmen werden nicht nur lauter, sondern ihr Plural erhält mehr und mehr seine Berechtigung. Es sind die Stimmen der Kritiker an der Berichterstattung der monopolistischen Tageszeitung im Schussental. Vernichtende Kritik. Und nicht etwa ist es die von idiosynkratischen Nörglern, sondern jene, von sich der Demokratie verpflichtet wissenden Weltbürgern, die in der Lage und auch Willens sind, über den Tellerrand hinauszuschauen und die nicht unter einem historischen und opportunistischen Kurzzeitgedächtnis leiden. Kritik gegenüber einer Presse, die sich mit einer gehörigen Portion von Persistenz der hiesigen Wirtschaft und Politik verkauft zu haben scheint, und sich ihr entsprechend täglich prostituiert.
Manchmal scheint es dem kritischen Leser zwar, als würde hier und da in den Redaktionsräumen der hiesigen Zeitung gelten, was für die deutsche Presse in den 1960er Jahren galt und was das Bundesverfassungsgericht in dieser Zeit entschieden hatte (siehe weiter unten). Doch der "Schein" trügt. Denn bei genauem Hinschauen heute, ohne das gestern auszublenden, wird klar, dass es sich bei den angeblich kritischen Tönen, entweder über die Wiedergabe dieser aus dem Mund Dritter handelt (also nicht die Kritik der Zeitung; z.B.: Bürger kritisieren, Gemeinderat kritisiert, RP kritisiert ), oder aber es handelt sich um die "kritische Fahne im Wind der Stadtverwaltung". Sprich: Findet die Stadtverwaltung etwas nicht gut, findet auch die Zeitung es nicht gut. Meint die Stadtverwaltung, etwas durchsetzen zu müssen, unterstützt die Zeitung dies, hält sich waage, oder sie schweigt. Jüngste Beispiele sind die Themen Musikschule, Grundrechte-Demonstrationen, Marienplatztiefgarage (MTG), Eschersteg und Rutenfest. Nach Lektüre der "Schwäbischen Zeitung Ravensburg" eines viertel Jahrhunderts bin dich der festen Überzeugung, dass, würde die Ravensburger Stadtverwaltung ohne "wenn und aber" die Grundrechtedemos in Coronazeiten gut heißen und verteidigen, es auch die Zeitung in Berichterstattung und Kommentar so täte. Aber "hundert Pro!" Hätte die Stadtverwaltung in der Zeit der Asbestfunde unter dem Marienplatz beschlossen, die MTG nicht weiter zu sanieren, sondern für "immer dicht zu machen", stünde am Folgetag ein großes "Bravo" in der Zeitung. Was das "Masked Rutenfest 2020" anbetrifft, hätte die Zeitung den Behauptungen von Kommentaren, die Trommlergruppen seien erpresst worden, um beim ausgefallenen Rutenfest nicht illegal zu trommeln (was aber nach Außen als "Vernunft der jungen Leute" verkauft wird) investigativ nachgehen müssen, und - falls es so seitens der Stadtverwaltung und/oder der RFK gewesen sein sollte - in der Zeitung anprangern müssen.
DAS aber sind die wirklich dunklen Stellen in Ravensburg, die ausgeleuchtet werden müssten und ausgeleuchtet werden müssen. Doch immer dann, wenn der Versuch unternommen wird, gerade an diesem "Platz" eine erhellende Laterne zu entzünden, wird sie von der Presse (auf Geheiß von "Oben"?) wieder ausgeknipst.
"Demokratie leben" ist die von Berlin und auch Stuttgart ausgegebene aktuelle Parole. Und auch die Stadt Ravensburg hat sie sich zu eigen gemacht. Doch politische Beteiligung, die auch immer kritische Beteiligung impliziert, also demokratische Beteiligung der Bürger/innen, wird erst dann voll umfänglich möglich, wenn diese (also die Bürger/innen) möglichst umfassend über die Vorhaben des Staates und seiner Institutionen bis hin in die Kommunen, ebenso voll umfänglich informiert sind. Denn der besonderer Wert der Kritik- und Kontrollfunktion der Presse besteht darin, dass der von politischen Entscheidungen betroffene Bürger in die Lage versetzt wird, sich über gesellschaftliche Vorgänge ein umfassendes, kritisches Bild zu verschaffen. .Das heißt: Untrennbar mit dieser Informationskultur ist die Kritik- und Kontrollfunktion der Presse verbunden. Wer, wenn nicht sie, hat die Möglichkeit und daher auch die Verpflichtung, diese Aufgabe zu übernehmen. Sie verbreitet nicht nur die entsprechenden Informationen, sie erläutert politische Zusammenhänge, kommentiert politische Ereignisse und kritisiert Missstände. Das allerdings ist im Schussental leider nur die Theorie. Denn gerade die provinzielle Presse in "Norditalien" dient diesem Anliegen keinesfalls.
Das Bundesverfassungsgericht (Spiegel-Urteil vom 5. August 1966) hat dazu folgendes gesagt: „In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung. Sie fasst die in der Gesellschaft und ihren Gruppen unaufhörlich sich neu bildenden Meinungen und Forderungen kritisch zusammen, stellt sie zur Erörterung und trägt sie an die politisch handelnden Staatsorgane heran, die auf diese Weise ihre Entscheidung auch in Einzelfragen der Tagespolitik ständig am Maßstab der im Volk tatsächlich vertretenen Auffassungen messen können.“ Leserbriefe reichen bei weitem nicht. Sie sind lediglich ein Feigenblatt vorgetäuschter demokratischer Beteiligung.
Längst sind Kommune (hier ist Ravensburg gement) und Presse eine Dualunion eingegangen, eine Symbiose, die wirklich kritische Stimmen totschweigt, nicht zu Worte kommen lässt und das faktische Stimmungsbild unter der Bevölkerung nicht widerspiegelt. Zu Worte kommen zudem nur von Kommune und Presse abgesegnete in Gruppen, Agenden und Foren organisierte Bürger/innen, die aufgrund der Gesetze der Gruppendynamik und "Akzeptanz von Oben" weichgespült sind. Aus der für eine Demokratie unerlässlichen Triangulation "Staat --- Presse --- Bürger", ist die pseudo-volksnahe Dyade "Staat/Presse" geworden.
Jedoch hätte eigentlich die Presse den Regierten zu dienen, und nicht den Regierenden. Willy Brandt, der letzte wirklich große und charismatische Politiker der BRD, sagte 1969 in seiner Antrittsrede als Bundeskanzler im Deutschen Bundestag "Wir sind Gewählte und nicht Auserwählte." Aus derselben Rede stammt auch der eindringliche und bis heute gültige Satz: "Wir wollen mehr Demokratie wagen." In der Tat ist sie ein Wagnis, aufgrund dessen der Politiker durchaus an "Macht und Material" erheblich verlieren könnte, weil de facto das Volk diese hätte. Dazu aber ist MANN im Schussental nicht bereit und Willens.
Die Medien grundsätzlich und hier nun die Presse, bestimmen wesentlich die politische Diskussion und den Stimmungstrend in der Bevölkerung. Daher hat sie eine besondere hohe Verantwortung. In dieser Funktion sollten sie so etwas wie die "vierte Gewalt" im Staat sein – neben der gesetzgebenden, der exekutiven und der rechtsprechenden Gewalt. Genau aus dieser öffentlichen Aufgabe der Presse begründet sich letztlich die institutionelle Garantie in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG: Sie stellt die freie Presse als Institution unter Schutz stellt, woraus sich staatliche Schutzpflichten für ein freies Pressewesen ergeben. Doch immer ist das mehr eine Metapher als Realität gewesen, und in keiner westlichen Demokratien ist ein Verfassungsauftrag im Sinne einer Vierten Gewalt fest geschrieben. Dazu kommt peinlicher Weise die Tatsache, dass die Mehrzahl der Journalisten nicht über die erforderliche Kompetenz zu verfügen scheinen, einen solchen Auftrag auszufüllen, oder wenn doch, sie diese Kompetenz nicht in die Waagschale werfen oder werfen dürfen, weil Macht- und Wirtschaftsinteressen "von Oben" im Wege stehen. Hinzu kommt eine unübersehbare Tendenz zahlreicher Medien zur Skandalisierungen, die der Demokratie nachweislich nicht besonders förderlich sind, und zur Politikverdrossenheit der Bürger beitragen. Wo der ökonomische Erfolg der Medienunternehmen die journalistische Ethik diktiert, ist ein Selbstverständnis der Medien als einer vierten Gewalt mehr als fragwürdig.
Was das Schussental anbetrifft, ist die "Schwäbische Zeitung" selbst zu einer mächtigen, weil monopolistischen Institutionen, die eigene Interessen vertritt, geworden. Siehe auch die äußerlich sichtbare Expansion in der Karlstraße. Sie selbst bedürfte eigentlich dringend einer externen Kontrolle. Die aber wird kategorisch nicht zugelassen und unter den Redaktions-Teppich gekehrt. Im parlamentarischen Regierungssystem obliegt eigentlich in erster Linie der politischen Opposition und - auf kommunaler Ebenen - auch dem Gemeinderat die Aufgabe der Kritik und Kontrolle der Administration. Doch gerade weil diesbezüglich in Ravensburg davon weder etwas zu sehen geschweige noch zu hören ist, sollte diese Aufgabe durch die Kritik- und Kontrollfunktion der Zeitung übernommen werden
Ohne eine Presse, die Missstände aufspürt und durch ihre Berichte unter anderem parlamentarische Anfragen und Untersuchungsausschüsse anregt, läuft die Demokratie Gefahr, der Korruption oder der bürokratischen Willkür zu erliegen.So geshieht es in der oberschwäbischen Provinz buchstäblich Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat - und seit 20 Jahren, Jahr für Jahr. Doch nicht jene, die Mängel aufdecken, schaden dem Staat, dem Land, der Kommune, sondern diejenigen, die für solche Missstände verantwortlich sind und sie verschweigen.Kritik als bewertendes Element und Kontrolle als investigatives Moment, könnten auf folgende Weise ausgeübt werden, werden dürfen. a) Die Bürger/innen - ob organisiert oder nicht - erhalten die Möglichkeit, mit Kritik- und Kontroll-Aussagen in der Zeitung über die Leserbriefe hinweg zu Wort zu kommen, um beispielsweise auf Missstände in der Gesellschaft oder auf inkonsistente Entscheidungen der Politik hinzuweisen. - 2) Die Journalisten selbst machen Missstände in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur öffentlich bekannt oder beurteilen in meinungsbetonten Beiträgen (Kommentaren, Glossen und Leitartikeln) politisches Handeln nach sorgfältiger Abwägung wichtiger Argumente.
Der "Schwäbischen Zeitung" und auch der Ravensburger Stadtverwaltung sind durch E-Mails an sie einige Namen der "Nörgler" wohl bekannt, nicht nur die des Schreibers. Auch auf schwaebisch.de mehren sich die Stimmen ("am Tiefpunkt angekommen"). Darüber hinaus - und das ist leider auch eine Seite des oberschwäbischen Bürgers - trauen sich viele Ravensburger nicht, ihre Kritik laut und schriftlich aus Image- und Geschäftsgründen zu äußern. Das hat der Schreiber u.a. selbst bei seiner Suche für Kandidaten der Liste "Rave" so erleben müssen. Und dann gibt es da ja auch noch die "Küchentisch-Kritiker".
Quelle. Recherche und eigenes Material
Stefan Weinert, Ravensburg
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